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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.

Nicht zu verwechseln mit !dach und !chad.

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Vor der geplanten Gründung ihrer eigenen Partei hat Wagenknecht den Austritt aus der Linkspartei erklärt. Auch die Co-Chefin der Fraktion, Amira Mohamed Ali, geht.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat ihren Austritt aus der Linkspartei erklärt. Das bestätigte ein Sprecher der Partei ZEIT ONLINE. Bei der Pressekonferenz zur Gründung des neuen Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) gab auch die bisherige Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Amira Mohamed Ali, ihren Austritt bekannt. Ihren Angaben zufolge schließen sich neun Bundestagsabgeordnete Wagenknecht an.

Diese Entscheidung sei ihnen nicht leicht gefallen, sagte Mohamed Ali. " Schließlich war die Linke für uns viele Jahre – sogar Jahrzehnte – die politische Heimat." Gleichwohl bezeichnete sie den Austritt als "notwenigen und richtigen Schritt".

Mohammed Ali kündigte an, die Gruppe der ausgetretenen Politikerinnen und Politiker sei bereit, "bis zur tatsächlichen Neugründung der Partei in der Linksfraktion zu verbleiben". Man habe dazu den entsprechenden Antrag gestellt.

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Am gestrigen Samstag fand wohl der siebte "internationale Repair Day" mit vielen Aktionen statt. Habe ich leider aber erst heute mitbekommen.

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Da ist jemand sehr sauer auf Scholz. Und da ist ein US Unternehmen mit euren Daten.

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Dass Paska trotzdem vom Tourismus profitiert, liegt an den Steuerabgaben vom Campingplatz. Formal gehört er zum Dorf, geographisch ist er aber so entlegen, dass weder Touristen noch Dorfbewohner das so richtig mitbekommen. Sind die E-Bikes und Camper erstmal durchgefahren, bleibt das Dorf allein zurück - mit der AfD.

Seit der Landtagswahl 2019 hat die Partei ein besonderes Verhältnis zu Paska: 62,7 Prozent aller Stimmen machten den Ort über Nacht zur "AfD-Hochburg" und bundesweit bekannt. "Das ist ein Meilenstein gewesen", sagt Michael Kaufmann, der als AfD- Bundestagsabgeordneter den Wahlkreis 195 vertritt, zu dem der Saale-Orla-Kreis und damit auch Paska gehört.

Seit Jahren pflegt die Partei ihre Verbindung zum Ort stetig. 2019 verlegte die AfD-Landtagsfraktion ihre Weihnachtsfeier in die Linkenmühle, einem Gasthaus am Stausee. Kaufmann und die AfD luden aus Dankbarkeit für das sensationelle Wahlergebnis viele Paskaer zum Kloßessen ein.

Im Mai 2021 begleitete Kaufmann den AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke zu einem Anti-Corona-Auftritt nach Paska. Es war ein nach Höcke-Maßstäben handzahmer Auftritt. Zum Abschluss der Veranstaltung stimmte die AfD die Nationalhymne an und Paska sang mit.

Etwas abseits seiner Parteikollegen setzen wir uns für ein kurzes Interview auf eine Bank vors Gemeindehaus von Paska. Kaufmann trägt ein blaues AfD-Poloshirt und einen Strohhut, den er auf dieser Sommertour fast immer auf hat. Ich frage nach dem Kloßessen 2019, an das sich Kaufmann nicht mehr gut erinnern kann. Das sei einfach eine nette Geste ohne Hintergedanken gewesen, sagt er. Dass die AfD zu diesem Essen nur die Sympathisanten einlud und dass das die Dorfgemeinschaft bis heute spaltet, davon weiß er nichts.

Was die AfD den Paskaern bieten könnte? "Wir würden die Prioritäten anders setzen. Die Leute sehen, dass unheimlich viel Geld verwendet wird, um Millionen Flüchtlinge unterzubringen. Der Wohnraum wird knapp und teurer, dabei sind viele gar nicht asylberechtigt", sagt er. Es ist müßig zu erwähnen, dass es in Paska keinen einzigen Geflüchteten und auch keinen Wohnraummangel gibt.

Vielleicht habe ich im Vorfeld nicht deutlich genug gemacht, dass ich über Paska reden will. Kaufmann jedenfalls spricht über Bundespolitik und eine Unzufriedenheit im Land. Es geht um Russland, Bildung und Forschung. Schnell wird mir klar, dass er mir keinen tieferen Einblick in die Seele dieses Dorfes geben kann oder will.

Davon abgesehen, ist der AfD-Stand im Dorf für mich ein Tür - bzw. Menschenöffner. Er gibt mir den passenden Anlass, um mit Paskaern ins Gespräch zu kommen. Denn bisher hatte ich damit trotz intensiver Bemühungen ziemlich wenig Erfolg.

Schon Wochen vor dem Treffen mit Kaufmann hatte ich begonnen, erneut zu Paska zu recherchieren und meine wenigen Kontakte reaktiviert, die ich im Rahmen meiner ersten Recherche im Jahr 2020 geknüpft hatte. Schon damals scheuten die Paskaer die Medien wie der Teufel das Weihwasser und auch diesmal hält sich das Interesse an einem Dorfportrait in Grenzen.

Natürlich frage ich bei Tino Riemschneider an. Den parteilosen Bürgermeister von Paska hatte ich 2020 interviewt. Schon damals war es ein Kampf, ihn zum Gespräch zu bewegen. 2023 erreiche ich ihn trotz unzähliger Versuche nur ein einziges Mal: Er sei auf Arbeit und könne nicht sprechen. Wir könnten später reden, sagt er am Telefon, um mich anschließend zu "ghosten" – wie das heutzutage heißt, wenn man sämtliche SMS und Anrufe unerwidert lässt. Riemschneider, der im vergangenen Jahr mit 100 Prozent der Stimmen als Bürgermeister von Paska bestätigt wurde, hat so wenig Interesse an einem Gespräch, dass er meine Anfragen noch nicht einmal ablehnt.

Ich versuche es weiter: Paska hat vier Gewerbetreibende, einen Feuerwehrverein und eine Kirche. Ich besorge mir die Telefonnummer vom Vereinsvorsitzenden der Freiwilligen Feuerwehr. Am Telefon wirkt Herr K. meinem Anliegen gegenüber aufgeschlossen. Weil wir nicht gleich einen Termin finden, schreibe ich ihm wenig später eine SMS. Dann noch eine. Ich rufe an. Nichts. Plötzlich bekomme ich keine Antwort mehr. Auch Herr K. "ghostet" mich.

Die Besitzerin des Campingplatzes lässt mich kaum aussprechen, da würgt sie unser Telefonat uncharmant ab: "Ich will dazu nichts sagen. Da halte ich mich raus." Noch bevor ich etwas erwidern könnte, sagt sie in energischem Ton: "Akzeptieren Sie das!"

Ähnlich unwirsch weist mich der Holzwaren- und Werkzeughändler im Ort ab. Die Eigentümerin des Seminarhauses, das in Paska Meditationsseminare, Naturspaziergänge und andere esoterische Kurse anbietet, ist freundlich, aber ebenfalls nicht gewillt, mit mir zu sprechen.

Der letzte Unternehmer im Ort betreibt einen Sicherheitsdienst. Er scheint zugänglich und interessiert. Wir machen ein Interview aus. Nur einen Tag später sagt er per SMS wieder ab. Das Gleiche erlebe ich noch bei drei weiteren potenziellen Gesprächspartnern. Immer wenn ich einen Gesprächstermin ausgemacht habe, kommt kurz danach eine Absage. Seltsam.

Bruder ist das ne Sekte oder was ist da los?

Auch wenn der AfD-Stand zunächst etwas einsam auf dem Dorfanger gestanden hat, tut sich nun doch etwas: Ein Mann mit graumeliertem Haar, in Sommerhemd und Sandalen und eine Frau kommen an den AfD-Stand. Während die Frau etwas Abstand hält und vor allem zuhört, ist der Herr mit dem Sommerhemd voll in seinem Element: Ohne viel Umschweife beginnt er, auf die Regierung zu schimpfen und erntet am AfD-Stand anerkennendes Nicken.

Die Themen sprudeln aus dem Mann im Sommerhemd nur so heraus. Er scheint mit allem unzufrieden zu sein: Energiewende, Russland, Grundsteuer, Spritpreise, Lehrermangel. "Die Schulen im Saale-Orla-Kreis", hakt Thrum ein, um mal bei einem Thema konkret zu werden, "haben einen Sanierungsstau von über 100 Millionen Euro* angehäuft". Sein Gegenüber interessiert das kaum, er redet einfach weiter: "Stattdessen machen die ein Asylheim auf, um Fördermittel zu kassieren."

Thrum versucht immer wieder, konkrete Probleme im Saale-Orla-Kreis zu thematisieren: fehlende Löschwasserteiche, zu wenig Geld für neue Freibäder, nicht gebaute Sportanlagen und Radwege. Der Mann im Sommerhemd nimmt alles zum Anlass, um zu schimpfen und seinen allgemeinen Unmut zu erklären. Wirklich in die Tiefe geht das Gespräch nicht.

Nach etwa 15 Minuten geht es endlich mal um Paska und die nie gebaute Brücke an der Linkenmühle. "Wenn du mich fragst: Die Scheiße braucht hier niemand", sagt der Paskaer. Das sähen alle im Dorf so, sagt er. Und weiter: "Die sollen die 40 Millionen lieber sinnvoll investieren." Thrum stellt klar, es seien zwischen 20 und 40 Millionen*.

Dem Mann im Sommerhemd sind die Zahlen aber egal: "Ob 20, 40 oder 50 – am Ende wird das eh immer teurer", sagt er und rechnet weiter: "Da müssen die ja die ganze Straße neu machen, da sind wir dann bei 100 Millionen!" Als er schließlich von 200 Millionen fabuliert, schaltet sich Falko Graf ein und macht auf Fränkisch eine Ansage: "Fo wos fürrer Zouln reded er? Sen des 20 oder 200 Millionen? Des verschdätt do kaaner!"

Als der Paskaer gehen will, spreche ich ihn an. "Vom MDR?" fragt er ungläubig. "Keine Zeit!" Ich entgegne, dass er ja gerade viel Zeit für die AfD hatte und ich nur wissen wolle, wie er es findet, wenn sich eine Partei für Paska Zeit nimmt*. Er sei kein politischer Mensch, sagt er abweisend. "Aber die AfD, die packt was an!" Dann wendet er sich ab und verschwindet hinter einer Haustür.

Diese abweisende Haltung, die ich in Paska bisher erlebe, schlägt manchen hier alltäglich entgegen. So berichten es mir zwei Personen, die in Paska leben oder gelebt haben, unabhängig voneinander. Sie fühlen sich ausgestoßen, wurden aufgrund ihrer ablehnenden Haltung zur AfD oder anderen politischer Ansichten gemieden, angefeindet, ja sogar angegriffen.

Ein Interview lehnen sie aus Angst vor den Konsequenzen ab. Aber sie schildern eine Dorfgemeinschaft, in der Menschen mit rechtsextremer Einstellung den Ton bestimmen und wo über Nacht Wahlkampfplakate anderer Parteien abgehangen und anschließend beim Feuerwehrfest feierlich verbrannt würden.

Im Dorf gebe es ein paar "Lautsprecher", die beim gemeinsamen Grillabend immer wieder Politik zum Thema machten, erzählt er. Nach zwei, drei Bier würde dann gegen Flüchtlinge und Politik gehetzt. "Da geht es dann sehr deutlich gegen den Staat", sagt er und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: "Das war aber früher auch schon so, da ging es gegen die Kommunisten."

"Uns geht es gut hier. Paska ist wunderschön und ich will hier auch nicht weg" sagt er und weiß selbst nicht weiter: "Ich verstehe nicht, warum die der AfD nachrennen. Die lösen doch keine Probleme." Dass er politisch eine andere Meinung habe, sei im Dorf bekannt. "Aber das wird bei mir akzeptiert, weil ich hier schon mein ganzes Leben lang wohne."

Fotos oder ein ausführlicheres Interview lehnt auch er ab, spricht aber trotzdem weiter mit mir und berichtet auch Positives: Der Fleischer komme einmal pro Woche ins Dorf, es gibt eine Kirmes und der Feuerwehrverein organisiere einen kleinen Weihnachtsmarkt. "Es gibt wenig, warum man hier wütend sein muss, aber es gibt leider viele die alles immer nur schlechtreden. Ehrlich, uns geht es gut hier!"

Die Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus (Mobit) hat in ihrer Chronik extrem rechter Aktivitäten in Thüringen drei Einträge zu Paska aufgeführt: Das Kloßessen, der bereits erwähnte Anti-Corona-Auftritt von Björn Höcke und im Jahr 2017 ein Rechtsrockkonzert mit 120 Neonazis, das von der Polizei verhindert werden konnte.

Darüber hinaus stoße ich in meiner Recherche mehrmals auf den Namen Jasmin Rasche, die mindestens seit 2016 Thügida-Demos anmeldet und schon zuvor immer wieder auf rechten Veranstaltungen medial in Erscheinung trat und deren Nähe zu anderen Rechtsextremisten* gut belegt ist.

Rasche ist seit Jahren mit Marc S. aus Paska liiert und hat ihren Lebensmittelpunkt im Dorf. Davon zeugen einige Beiträge des Paares in den Sozialen Medien, die in Paska verortet wurden. Marc S. trägt auf einigen Bildern eine zensierte SS-Rune und andere nationalsozialistische Symboliken zur Schau. Ein weiterer Beleg für Jasmin Rasches Wirken in Paska ist ein Interview im MDR, das kurz nach der Landtagswahl 2019 aufgezeichnet wurde. Darin tritt sie als besorgte Bürgerin aus Paska auf.

Damit gibt es zwar zwei Personen, denen rechtsextremes Gedankengut zumindest nicht fremd ist, ob sie aber nennenswerten Einfluss auf die Dorfgemeinschaft haben, dafür finde ich keine Hinweise.

"Ich glaube, die Paskaer haben ihr eigenes Demokratieverständnis", sagt Ute Thalmann, die seit 2020 als Pfarrerin für die Gemeinde zuständig ist. "Mein Verständnis von Demokratie beruht auf Freiheit, Akzeptanz und vor allem den Willen, Vorurteile zu hinterfragen." Wie das Dorf Demokratie verstehe, kann Thalmann nicht sagen, dafür kenne sie die Gemeinde nicht gut genug.

Die Zuneigung zur AfD im Dorf sei kein Einzelfall: "Viele sympathisieren mit dem Gedankengut der AfD - dieser Trend geht hier durch die ganze Region. Die Unzufriedenheit sucht einen Kanal." Das merkt Thalmann auch in den Gottesdiensten: "Ich habe den Eindruck, dass Predigten zu politischen oder gesellschaftlichen Themen im ländlichen Umfeld weniger erwünscht sind." Das Problem sei, dass viele die christlichen Appelle als links, grün oder staatsnah missverstanden würden. "Kirche hat eine gesellschaftliche Aufgabe, damit ist sie aber nicht parteipolitisch", betont Thalmann.

Ob Menschen mit einer anderen politischen Einstellung in Paska ausgegrenzt würden, kann sie nicht sagen. Sie stelle aber fest, dass die Menschen verschlossen sind und auch Angst hätten, Stellung zu beziehen. "Wer will schon geächtet und ausgegrenzt sein, wenn man hier lebt und nicht weggehen kann, weil Haus und Hof seit Jahrhunderten da sind? Man hält sich bedeckt oder raus."

"Wie ist es aber im Dorf?", bohre ich nach und endlich erzählt er ein bisschen aus Paska. Alles sei gut. Es gebe keine Probleme. "Ich kann hier aus dem Haus gehen, ohne meine Tür abzuschließen", sagt er. Der Zusammenhalt im Dorf sei groß. Alles Bestens also.

Warum die Paskaer die AfD wählen, frage ich. "Außer der AfD interessiere sich keiner für uns auf dem Land." In Erfurt und Berlin werde nur Politik für die Stadt gemacht, meint er. Dann verabschiedet er sich, dreht sich im Weggehen aber nochmal um und ruft mir zu: "Es ist alles gut, aber denkt auch mal an uns!"

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Archive:https://archive.ph/18NCC

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Die makaberste Schlagzeile seit langem. Armer Justus, verliert ein paar Euro.

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submitted 2 years ago* (last edited 2 years ago) by PonyOfWar@pawb.social to c/deutschland@feddit.de
 
 

Die Noch-Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht hat sich entschieden, eine eigene Partei zu gründen. Nach SPIEGEL-Informationen will sie am Montag damit an die Öffentlichkeit gehen.

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Alkohol erfreut sich in Deutschland noch immer großer Beliebtheit. Nicht nur bei Festen und Veranstaltungen wie dem Oktoberfest oder dem Canstatter Wasen wird eifrig gebechert: Im internationalen Ranking liegt Deutschland weiterhin auf dem dritten Platz beim Alkoholkonsum pro Kopf bzw. Leber.

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Stand: 17.10.2023 11:27 Uhr

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel kommt es auch in Deutschland vermehrt zu antisemitischen Vorfällen. Wo Antisemitismus beginnt und wie man dem erfolgreich vorbeugen kann, erklärt der Experte Hızarcı im Interview mit tagesschau.de.

tagesschau.de: In Deutschland kam es in den vergangenen Tagen zu antisemitischen Schmierereien. Es gab Jubel für den Terror der Hamas. Auf Demonstrationen wird das Existenzrecht Israels in Frage gestellt. Sie engagieren sich seit Jahren gegen Antisemitismus in Berlin. Wie haben Sie die vergangenen Tage hier erlebt?

Derviş Hızarcı: Ich habe die vergangenen Tage als die schlimmsten und herausforderndsten erlebt, seitdem ich mich gegen Antisemitismus engagiere. Und das sind 20 Jahre. Auch die Bilder aus Israel vom Samstagmorgen letzter Woche waren die bestialischsten und brutalsten, die ich je erlebt habe. Jüdische Freunde hier in Berlin, aber auch anderswo, habe ich noch nie, wirklich noch nie, so ängstlich, so verunsichert und so verzweifelt erlebt. Das ist eine absolut neue Dimension.

tagesschau.de: Seit dem Angriff der Hamas auf Israel kommt es auch in Deutschland zu anti-israelischen Protesten. Warum eigentlich?

Hızarcı: Das hat vor allem damit zu tun, dass wir eine multi-diverse Gesellschaft sind. Wir haben Menschen jüdischen Glaubens, muslimischen Glaubens, wir haben Menschen mit israelischen Wurzeln und palästinensischen Wurzeln. Das ist Teil der Realität, der Veränderung. Wir sind eine vielfältige Gesellschaft und hier leben Menschen mit biografischen Besonderheiten und auch Bezügen zu anderen Orten auf der Welt, wo es Konflikte gibt.

tagesschau.de: Aber wo fängt dabei der Antisemitismus an?

Hızarcı: Der Antisemitismus fängt da an, wo man generell und grundsätzlich Jüdinnen und Juden hasst, weil sie Jüdinnen und Juden sind. Auch Israelfeindschaft ist eine Form von Antisemitismus. Sehr oft ist Israel da eine Projektionsfläche oder eine Art Umwegkommunikation. Das heißt, man äußert antisemitische Vorurteile, Ressentiments oder Hass über Israel: die sogenannte Israelkritik. Antisemitismus und Israelfeindschaft sind in Deutschland aber ein weit verbreitetes Phänomen. Das muss man ganz klar sagen. Die Zustimmung zu sogenanntem israelbezogenen Antisemitismus liegt in Deutschland bei über 40 Prozent. Man könnte grob sagen, fast jede zweite Person in diesem Land hat eine problematische Einstellung dazu.

tagesschau.de: In der Debatte geht es nun auch um "importierten Antisemitismus". Wie verbreitet ist denn Antisemitismus in migrantischen Communities?

Hızarcı: Da muss man differenzieren: Der Antisemitismus, der sich in migrantischen und muslimisch geprägten Milieus äußert, kommt von Menschen, die größtenteils in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Sie haben den Antisemitismus nicht von irgendwo hier reingebracht, sondern wir haben ihn hier und er ist in manchen Gruppen verbreitet. Man könnte von importiert reden, wenn Menschen Ideologien aus den Ländern, aus denen sie zu uns kommen, mitbringen.

tagesschau.de: Glauben Sie, der Antisemitismus wird an mancher Stelle instrumentalisiert?

Hızarcı: Wir dürfen nicht vergessen, dass es antisemitische Vorfälle in Deutschland nicht erst seit dem Angriff der Hamas gibt. Antisemitismus ist in Deutschland auch vorhanden, wenn es nicht um den Nahostkonflikt geht. Ein großer Teil der antisemitischen Vorfälle hat seinen Ursprung in rechten Milieus. Wenn Politiker gern und nur dann über Antisemitismus sprechen, wenn es um Muslime geht, dann handelt es sich um eine problematische Einseitigkeit, und das könnte man als Instrumentalisierung deuten.

tagesschau.de: Es gibt jetzt Forderungen nach härteren Strafen. Berliner Schulen können beispielsweise das Tragen gewisser Kleidungsstücke verbieten. Können diese Maßnahmen etwas bewegen?

Hızarcı: Nein, ich glaube, da wird im Bereich Schule an der falschen Stelle der Sehnsucht nach klarer Kante nachgekommen. Man darf hier nicht vergessen, dass wir es mit Jugendlichen zu tun haben. Da sind Verbote in allen Bereichen im Grunde fast ein Aufruf zur Provokation. Klare Kante muss bedeuten, viel mehr Präventionsarbeit und viel mehr Möglichkeiten der Begegnung und des Austausches zu schaffen. Vor allem in den Schulen. Es reicht nicht, wenn nur in der Krise politisch reagiert wird, und man außerhalb der Krise Gelder für Präventions- und Demokratiearbeit streicht. Schulen sind ein Lernort und ich denke, da muss man vor allem nach pädagogischen Auswegen und Lösungen suchen. Mit Verboten zu arbeiten ist, als würde man versuchen, einen Kochtopf, der gerade am Überkochen ist, mit einem Deckel darüber zu beruhigen.

tagesschau.de: Sie sind selbst tätig an Schulen, geben Workshops, haben jahrelange Erfahrung in der politischen Bildung. Was ist das erfolgreichste Mittel gegen Antisemitismus?

Hızarcı: Grundsätzlich ist es in der Schule wichtig, dass man die Gruppe, die man vor sich hat, ernst nimmt. Das heißt, das Umfeld muss akzeptierend, inklusiv und wertschätzend sein. In solchen Räumen schafft man es, Kinder und Jugendliche dazu zu bringen, dass sie problematische Denkweisen und Einstellungen hinterfragen und dass das Schwarz-Weiß-Denken aufbricht. In solchen Settings lernen Kinder und Jugendliche am besten. Dafür braucht es die Bereitschaft der Perspektivübernahme und die Förderung der Widerspruchstoleranz. Und dafür braucht es Empathie. So kann es auch gelingen, Jugendliche dazu zu bewegen sich gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit einzusetzen. Das habe ich persönlich mehr als nur einmal erlebt.

Das Gespräch führte Konstantin Kumpfmüller, tagesschau.de.

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Ich muss mir mal ein bisschen Luft machen:

Ich muss im Moment Microsoft Edge nutzen und finde es eigentlich ganz interessant die Nachrichten auf der Startseite zu lesen. Ich war jedoch absolut erschrocken mit was für einer Selbstverständlichkeit dort in den Kommentaren die menschenverachtendsten Beschimpfungen und Theorien ausformuliert werden und dabei sogar noch mit einen "Daumen hoch" quittiert werden.

Und scheinbar moderiert niemand diese Sektionen! Es gibt eine Meldefunktion die nach meiner bisherigen Erfahrung absolut gar nichts tut und von eigenständiger Sichtung und Moderation der Kommentare fehlt jede Spur.

Es wird jede Gelegenheit genutzt um rechtes Gedankengut in die Welt hinaus zu speien.

Wahlergebnis in Polen? 100.000 Moslems fallen ein!

Sollte man Bettlern Geld geben? Sozialschmarotzende Ausländer und rumänische Bettle-Mafia!

Und das sind keine Übertreibungen sondern echte Zitate! Ich habe bereits einiges über Hessen gegen Hetze gemeldet. Aber das wäre in Vollzeitjob sich dadurch zu kämpfen.

Und gibt es nicht eigentlich ein Gesetz das Webseiten verpflichtet gegen so etwas vorzugehen?

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Immer mehr Fahrschüler versuchen bei der Führerscheinprüfung unter anderem mit dem Handy zu betrügen. Prüfer meldeten allein in diesem Jahr bereits mehr als 2.700 Fälle.

Backup falls Paywall

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69 Prozent lehnen eine AfD-Regierungsbeteiligung auf Landesebene ab. Eine aktuelle Forsa-Umfrage widerspricht damit den umstrittenen Civey-Daten.

Über zwei Drittel der Deutschen lehnen eine Regierungsbeteiligung der extrem rechten AfD auf Länderebene ab. Das geht aus einer Umfrage von Forsa hervor, die der taz vorliegt. Das Meinungsforschungsinstitut hat im Zeitraum vom 13. bis zum 15. Oktober aus einem bevölkerungsrepräsentativen Online-Panel 1.504 Wahlberechtigte befragt, wie sie zu einer Koalition mit der AfD auf Landesebene stehen. 69 Prozent der Befragten lehnen das ab. Demgegenüber hält es eine Minderheit von 27 Prozent für akzeptabel, dass die im Kern extrem rechte Partei an einer Landesregierung beteiligt würde. Forsa gibt für die Umfrage eine Fehlertoleranz von 2,5 Prozentpunkten an.

Disparitäten gibt es zwischen Ost und West: Während im Westen 24 Prozent eine AfD-Beteiligung in einer Regierung auf Landesebene akzeptieren würden, sind es im Osten 40 Prozent. Dennoch lehnt auch in den neuen Bundesländern eine Mehrheit von 57 Prozent eine AfD-Beteiligung in einer Landesregierung ab.

Strukturell befürworten am ehesten Personen zwischen 45 und 59 Jahren eine AfD-Regierungsbeteiligung – also die demografische Gruppe, in denen AfD-Wähler*innen am häufigsten vertreten sind. Mehrheitlich akzeptiert ist eine Beteiligung der AfD nur im Lager der eigenen Parteianhänger, wo 98 Prozent der Befragten dafür sind, und bei Personen, die sich zum rechten Lager zählen, wo 73 Prozent eine AfD-Koalition für akzeptabel halten.

Anhänger der übrigen Parteien lehnen eine Koalition mit der AfD mehrheitlich und deutlich ab. Wobei die Akzeptanz etwas stärker ausgeprägt ist in der Anhängerschaft der FDP mit 31 Prozent und der CDU mit 22 Prozent. Aber bei beiden Parteien lehnen die An­hän­ge­rin­nen noch immer eine AfD-Koalition deutlich ab – mit 68 Prozent (FDP) und mit 75 Prozent (CDU). Nicht­wäh­le­rin­nen befürworteten zu 21 Prozent eine Koalition, 55 Prozent lehnten dies ab, wobei 24 Prozent indifferent waren („weiß nicht“).

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Übrigens auch anwendbar bei allen anderen Themen ;)

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Ein wichtiger Kommentar von @Dirk Zum Umgang mit den rechtsradikalen Tendenzen in der Gesellschaft und vor allem mit der #AFD.

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Ex-Ministerin Julia Klöckner scheint es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Ihr Tweet zu Zahnarztkosten von Migranten ist nur der neueste Fall.

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Ein sehr differenzierter Blick derer, die da leben.

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