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[–] splendoruranium 1 points 1 day ago (1 children)

Ich rede nicht davon, dass es keine NATO-Reaktion hervorgerufen hat, sondern dass es damals auf der Krim überhaupt nicht zu offenem Kampf gekommen ist.

Ja, wenn Estland sich nicht wehrt und auch bei Stadt 2 oder 3 oder 4 oder 20 niemand zurückschießt, sind sich offenkundig alle Beteiligten militärisch einig und es gibt gar keinen Handlungsbedarf. Halte ich aber für unwahrscheinlich. Irgendwo zwischen Narva und Frankfurt (Oder) wird sich jemand beschweren.

Für unser Beispiel in Estland heißt das, dass überhaupt keine NATO-Soldaten tot sind und ob der Wegfall einer NATO-Stadt tatsächlich zu 100% zu einer bewaffneten Reaktion der NATO (unter Führung der USA!) kommt, halte ich im Gegensatz zu dir für überhaupt nicht ausgemacht.

Infame Unterstellung! 😜
Es ist jetzt schon einige Tage her, aber ich denke ich habe relativ klar zum Ausdruck gebracht, dass ich aktuell keine große Einsatzbereitschaft von den USA erwarte. Was ich auch bereits angemerkt habe - und warum ich das "unter Führung der USA!" doppelt nicht verstehe - ist, dass Artikel 5 optional ist. So sehr es mir missfällt verbleiben sämtliche NATO-Mitglieder autonome Staaten und können entsprechend handeln. Wenn also irgendwann Estland mit einem fiesen Seitenblick zu Uncle Sam in den Äther brüllen sollte "Hey, an alle NATO-Broskis da draußen, die diesen Club hier ernst nehmen, ich brauch mal Hilfe!", dann können Griechenland und Frankreich ganz eigenmächtig Luftlandeoperationen in ehemaligen estnischen Städten organisieren und müssen niemanden um Erlaubnis fragen. Ist auch gut so, denn Unabhängigkeit von den USA schließt notwendigerweise eine Koordinierung der eigenen Allianzstrukturen voraus.
Nur, und ich kann das nicht oft genug wiederholen, wenn um Hilfe gerufen wird und niemand kommt, ist Russlands wichtigstes strategisches Ziel in diesem Moment erfüllt und man kann sich das weitere Rüsten sparen. Niemand im Kreml interessiert sich sonderlich dringend für Estnische (oder tatsächlich sogar Ukrainische) Städte - erklärte Priorität ist die Zerschlagung der Idee von transnationalen Allianzstrukturen wie NATO oder EU. DAS ist, was am Ende verteidigt wird (oder eben nicht).

Na schau, General Mais’ +100.000 Soldaten wären am Ende 280.000 insgesamt, kommt doch gut hin mit den in den Raum geworfenen 300.000.

Ich frage mich ob dann irgendjemand ein Problem damit hätte, unter §1 Gültigkeit "Diese Regelung tritt mit Erfüllung des veranschlagten Pensums automatisch außer Kraft." mit in die entsprechenden Beschlüsse reinzuschreiben.

Da komme ich nicht mit. Stand jetzt macht die Bundeswehr genau das, nämlich einfach Geld auf das Problem werfen, in der Hoffnung, dass es sie löst. So haben wir heute eine geldfressende Bundeswehr, die trotzdem nicht richtig funktioniert. Inwiefern die Wehrpflicht eine Zivilgesellschaft unterminiert, verstehe ich nicht. Sie war jahrzehntelang Bestandteil beider (ehemaliger) deutscher Staaten und ist es auch heute noch in Ländern, die mehr bieten als stumpfen Militarismus und Expansionsdrang. Warum das heute für uns gerade mal 14 Jahre nach Abschaffung der Wehrpflicht plötzlich nicht mehr möglich sein soll, ist mir schleierhaft.

In, und jetzt wird es ideell, einer idealen Gesellschaft, die Solidarität, Kooperation, Gewaltfreiheit, Ehrfurcht vor dem Leben und vielleicht nachrangig auch noch ein bisschen Gleichheit und Freiheit in den Vordergrund ihres Wertesystems schiebt, gibt es nichts Teureres als Menschenleben. Strebt man es an, einmal in einer solchen Gesellschaft zu leben, steht man irgendwann vor dem notwendigen Eingeständnis, dass es für solch eine Gesellschaftsordnung vermutlich nichts Teureres geben kann, als den Unterhalt von Streitkräften. Das ist gut so, denn es reflektiert das angestrebte Wertesystem. Andersherum wird selbiges automatisch unterminiert, wenn man versucht diesen "Markt" durch soetwas wie eine Wehrpflicht zu regulieren, weil damit nämlich nichts anderes getan wird, als den Preis für ein Menschenleben bewusst zu drücken.

Ich finde es in diesem Zusammenhang bereits schlimm genug, dass sich bei einem Hauptgefreiten-Gehalt weit unter sowohl Durchschnitts- als auch Medianeinkommen überhaupt Leute freiwillig melden.
Wenn eine Gesellschaft eine Wehrpflicht besitzt und mehr bietet als stumpfen Militarismus und Expansionsdrang, dann macht sie das ganz bestimmt immer trotz und nicht durch Wehrpflicht.

Eben! Die Amerikaner haben seit Ewigkeiten keinen Krieg mehr auf eigenem Boden führen müssen, dennoch standen selbst sie zu Hause nie ganz blank da. Vor dem Hintergrund, dass ein Angriff durch einen ihrer eigentlichen Rivalen nur mit einer immensen amphibischen Operation möglich wäre, ist das rein rational nicht nachvollziehbar. Aber das ist hierbei auch nicht maßgeblich, sondern der unbedingte Wunsch nach einem Sicherheitsnetz selbst für den unwahrscheinlichsten Notfall. Kann man belächeln, ist trotzdem so. Da ist es doch kein Wunder, wenn das erst recht im kleinteiligen Europa passiert, wo ganze Länder in drei Tagen erobert werden sollen und selbst zu Friedenszeit der Feind in Rufreichweite ist.

Europa ist so kleinteilig, wie man es macht 🤷
Wer sich eher als Deutscher denn als Europäer oder eher als Däne denn als NATO-Mitglied begreift wird auch immer eher kleinteilige Politik in den Vordergrund stellen. Daher meine konstanten Tiraden gegen den Nationalismus. Dass Bayern kein Sicherheitsnetz gegen Überfälle aus Sachsen aufbaut, ist inzwischen ganz normal - dass das auch irgendwann für alle anderen innereuropäischen Grenzen normal wird, wäre das nächste logische Unterfangen.
Das ist übrigens auch der Grund, warum ich z.B. ein AfD-Verbot - selbst jetzt, 10 Jahre zu spät - noch immer für eine deutlich effektivere Rüstungsmaßnahme halten würde, als eine Wehrpflicht. Wer dem Antitransnationalismus Mikrofone in die Hand drückt, erntet schwächere Transnationale Strukturen.

Das heißt, die militärischen Ambitionen, die du Finnland gegenüber Russland unterstellst, sind die, bei einem Angriff durch Russland nicht besiegt werden zu wollen? Welche Gefahr ginge demnach für Russland von Finnland aus?
Weil du ja davon schreibst, dass sich “in Karelien nur wegen der gegenseitigen militärischen Ambitionen der jeweiligen Länder” so viele Russen und Finnen nervös gegenüberstehen. Mir fehlt hier irgendwie die tatsächliche Gegenseitigkeit.

Ne, ich unterstelle keinen anstehenden Überfall Finnlands auf Russland, wenn du das meinst. Wie kann das im Kontext des bisherigen Gesprächs Sinn ergeben?
Wenn A schießt und B zurückschießt, beschießen sich A und B gegenseitig.

[–] Quittenbrot@feddit.org 1 points 22 hours ago

Irgendwo zwischen Narva und Frankfurt (Oder) wird sich jemand beschweren.

Offenbar reden wir aneinander vorbei. Natürlich würde bei einem fröhlichen Vormarsch der Russen immer weiter durch NATO-Gebiet irgendwann die Antwort erfolgen. Aber was, wenn einfach nur Narva besetzt wird?

DAS ist, was am Ende verteidigt wird (oder eben nicht).

Vollkommen richtig! Nur ist dafür eben, besonders angesichts des 'lethargischen' Uncle Sams, die von dir angesprochene notwendige Koordination der eigenen Allianzstrukturen nicht wirklich gegeben. Die einzigen, die eigentlich immer wert darauf gelegt haben, militärisch vollkommen autark (sprich: ohne Amis) handlungsfähig zu bleiben, sind die Franzosen. Für den Rest sieht's durch den Wegfall der Amis finster aus.

In, und jetzt wird es ideell, einer idealen Gesellschaft, die Solidarität, [...] schiebt, gibt es nichts Teureres als Menschenleben.

Das stimmt. In so einer Gesellschaft leben wir aber nicht. Daran kann man verzweifeln, in jedem Fall muss man sich jedoch daran anpassen, um überhaupt zu überleben.

De facto, und jetzt wird es realistisch, ist der momentane Zustand ohne Wehrpflicht eher die Ausnahme und wir lebten bisher auch mit ihr ohne zu Barbaren zu verkommen.

Wer sich eher als Deutscher denn als Europäer oder eher als Däne denn als NATO-Mitglied begreift wird auch immer eher kleinteilige Politik in den Vordergrund stellen.

Soweit ich mich erinnere, begreifen sich nur die Einwohner Budapests primär als Europäer und nicht als Bürger ihres Nationalstaats. An dem Punkt sind wir in Europa ansonsten leider noch nicht angekommen.

Dass Bayern kein Sicherheitsnetz gegen Überfälle aus Sachsen aufbaut, ist inzwischen ganz normal

Da hast du recht. Und die deutsch-französische Grenze wird glücklicherweise auch nicht wirklich von lauernden Soldaten zu beiden Seiten gesäumt sein. Aber den ultimativen Schritt des Vertrauens, die Integration der Truppen zu einem gemeinsamen Gebilde, erleben wir momentan gerade mal zwischen den Niederlanden und Deutschland, wo Einheiten in die Kommandostrukturen des jeweils anderen integriert werden - natürlich immer noch mit einem Ausweg, für den Fall der Fälle. Ich finde das einen sehr hoffnungsvollen Schritt in die richtige Richtung, aber selbst da bleibt eben doch noch etwas Misstrauen und wir reden hier wie gesagt von einem sehr geringen Teil des Ganzen in Europa. Weiter sind wir noch nicht.

Ne, ich unterstelle keinen anstehenden Überfall Finnlands auf Russland, wenn du das meinst. Wie kann das im Kontext des bisherigen Gesprächs Sinn ergeben?

Das ergibt weder im Kontext dieses Gesprächs noch irgendeines anderes Sinn. Ich habe mich nur am Begriff der Gegenseitigkeit gestört, denn auf der einen Seite dieser Grenze haben wir es sehr wohl mit einem Land zu tun, was jüngst seine imperialen Eroberungsphantasien mit militärischen Mitteln dazu erzwingen versucht. Die Gefahr an dieser Grenze ist sehr einseitig, auch wenn im Konfliktfall auf beiden Seiten Opfer zu beklagen wären.