this post was submitted on 22 Dec 2025
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Ich bin in den letzten 20 Jahren zusammengerechnet etwa 16 Jahre lang selbstständig gewesen und bin es immer noch. Seit Tag eins habe ich den Eindruck, dass unser System es hasst, wenn Menschen Selbstverwirklichung anstreben, anstatt automatisch in die Lohnsklaverei zu fallen. Da geht's los mit horrenden Summen an etliche Stellen, die die Hand aufhalten, bevor auch nur ein Cent verdient wurde. Hilfestellung? Fehlanzeige. Man hat zu keiner Zeit das Gefühl, dass man willkommen ist in diesem System, es fühlte sich schon immer so an, als sei es unerwünscht, was man tut.
Lustigerweise gibt's auch Hiebe von beiden Seiten. Freunde und Bekannte, die Arbeitnehmer sind, bekommen irgendwoher den Eindruck, als sei man als Selbstständiger automatisch so eine Art reicher Plantagenbesitzer, der sich eigentlich nur durch Ausbeutung finanziert. Ja, stimmt auch, wenn man Selbstausbeutung und Raubbau an der eigenen Gesundheit mitzählt. Aber das fällt natürlich wenig auf, wenn man vor Neid (auf was auch immer) blind wird und wenn doch, dann ist man natürlich gleich schadenfroh oder hat es besser gewusst.
Fazit für mich: in Deutschland ist es unmöglich, Unabhängigkeit zu erreichen, wenn man über keine finanzielle Vorgeschichte in der Familie verfügt. Man bleibt so oder so Nutzvieh, man wählt sich nur ein anderes Joch.
So? Wer hält denn alles die Hand auf?
Und ist es nicht eine Illusion unabhängig sein zu können? Abhängigkeit besteht doch immer, egal ob Arbeitgeber, Angestellte, Zuarbeiter, Kunden, ...
Alle. Krankenkasse zahlst du im Voraus. GmbH-Gründung braucht mindestens 12500€ Eigenkapital. Berufshaftpflicht, Vermögensschäden, Datenschutzbeauftragter, Notar, Anmeldung im Handelsregister, Bundesanzeiger, Steuerberater, Vorauszahlung der Steuer... und das sind nur ein paar aus dem Stehgreif, es gibt noch viel, viel mehr als das.
Abhängigkeit besteht natürlich immer zwischen Geldgeber und Arbeit- oder Auftragnehmer. Aber es gibt ja auch mehr als das. Zum Beispiel träume ich seit Ewigkeiten davon, mit einem eigenen Produkt an den Markt zu gehen, sowas ist in Deutschland aus vielen, vielen Gründen enorm schwierig, u.a., weil hier von Tag eins eine Umsatzerwartung besteht, was bei neuen Produkten quasi unmöglich ist.
Mal so aus Neugier: Ab welchem Punkt muss man denn ein Gewerbe anmelden? Kann man nicht auch als Privatperson Dienstleistungen anbieten oder Produkte verkaufen und diese in der persönlichen Steuererklärung angeben? Das würde zumindest den Punkt mit "bevor der erste Cent verdient wurde" lösen.
Wenn du gewerblich tätig bist, also z.B. 300 / Jahr YouTube reichen schon.
Das ist aber erstmal nicht so das Ding, kostet 15 EUR online und wenn man es nur als Nebenerwerb macht hat man kein Problem mit KV. IHK muss man aber zahlen.
Ausser man hat eine freiberufliche Beschäftigung. Dann meldet man besser die an. Der Vorteil ist, dass man keine Gewerbesteuer zahlt.
Klar, geht auch, ist aber ab einer gewissen Größe eher hinderlich als vorteilhaft. Ich war vor meiner Firma auch selbstständig, aber das skaliert ganz blöd, insbesondere, da du ja automatisch alles als Einkommen versteuern musst.
Vielleicht lohnt an der Stelle der Hinweis, weil hier ja vermutlich auch viele Informatiker sind: mit einer entsprechenden schriftlichen Qualifikation (Deutschland halt) ist die Aufnahme der Selbstständigkeit super einfach. Formloses Schreiben ans Finanzamt, wo man schreibt, was dass man Freiberufler werden will und gern eine Steuernummer hätte. Das war's, dann kann es losgehen. Man kann sogar wirklich sofort beginnen ohne abzuwarten, da sowas immer für eine Weile rückwirkend geht. Hier ist es wirklich ziemlich leicht in Deutschland, da trauen sich eher die Menschen nicht.
Klingt spannend! Danke für den Tipp. Gilt dann halt der persönliche Steuersatz nehme ich an?
Ja genau, also man zahlt dann Einkommenssteuer, die bei 42% in Spitze liegt. Bei der GmbH zahlt man weniger, da sind es 15% Körperschaftssteuer + nochmal um die 15-18% Gewerbesteuer (regional unterschiedlich). Dazu kannst du automatisch alles an Umsatzsteuer durch Anschaffungen wieder steuerlich geltend machen, als Freiberufler geht das nur mit den Dingen, die man nachweislich für den Beruf braucht.
Insgesamt ist die GmbH deutlich besser, was Steuerlast angeht, aber eben aufwändiger hinsichtlich Administration und Steuererklärung.
Man zahlt aber auch bei einer GmbH auf die Gewinnentnahmen die Einkommensteuer von 42%. Das kommt auf die Gewerbe- und Körperschaftssteuer drauf.
Es macht vor allem Sinn, wenn man im Gewerbe Vermögen aufbaut und expandiert, also Gewinne nicht entnimmt.
Bei späterem Verkauf des Unternehmens wird der Gewinn aber auch versteuert, allerdings nur zu 60%.
Der Trick ist, eine Holding zu haben, so dass der Gewinn beim Verkauf in der Holding bleibt.
Ja, schon richtig, aber man zahlt die Einkommenssteuer eben erst bei Gewinnentnahme, was man nicht immer unbedingt tun muss, wenn man Wirtschaftsgüter für die Firma akquiriert.
Sobald du Umsatz generierst, musst du entweder eine umsatzsteuerpflichtige Organisationsform oder aber eine explizit von der Umsatzsteuer befreite Variante anmelden. Merksatz ist einfach: verdienst du Geld mit einer virtuellen oder materiellen Leistung, wirst du das beim Finanzamt angemeldet haben müssen.
Das war jetzt nur sehr grob geschildert, aber sollte im wesentlichen so stimmen.
Vor allem wenn du was nebenberuflich machst, ist das eigentlich gar nicht so kompliziert. Einfach mal Kleinunternehmer bzw Kleingewerbe (sind verschiedene Sachen) googlen, da fällt vieles weg. Ich glaube das größte Problem ist, dass es wie immer ganz viele kleine Regelungen, Steuern, etc sind statt einfach einer großen Regel für alles. Naja und ansonsten heißt es nicht umsonst "Die Klage ist des Kaufmanns Gruß".
Leider ist es so. Ist die allgemeine Kultur in Europa. Da bleibt man gefälligst im Stand, in dem man geboren wurde. Die Besteuerung sorgt ja auch dafür.
Auf „Leistungsträger“ wird ja auch gespuckt. Ist ein politischer Kampfbegriff, ja. Aber was dahinter steckt - aus eigenem Antrieb etwas schaffen wollen auch wenn‘s anstrengend ist - das ist in Deutschland nicht gern gesehen.
Nun, ich kann für mich sagen, dass ich eine kleine Stufe raufgeklettert bin. Aus eigener Leistung. Fühlt sich gut an, diese Selbstwirksamkeit. Und ja, es wird beneidet von vielen Seiten, selbst innerhalb der Familie. So, als ob mir das alles in den Schoß gefallen wäre. Ne, nichts davon ist geerbt.
Geht mir auch so. Dass dazwischen etliche Nervenzusammenbrüche, Krankenhausaufenthalte und so weiter standen, interessiert ja wieder niemanden, dann "hat man es ja gleich gesagt". Komische Kultur.